ITALIAN PRIVATE PUNK
Cristina Fiorenza – Michela Ghisetti – Aldo Giannotti

grubeck contemporary @ himmelpfortgasse 12

Ausstellungsdauer 23. Mai – 11. Juli
Öffnungszeiten: Di – Fr 11.00 – 18.00, Sa 11.00 – 17.00

22.5., 17.00 Eröffnung

26.6., 17.00 Sommercocktail, Konzert

Follow up I Informationen
Andrea Müller, Himmelpfortgasse 12, 1010 Wien
+43 664 160 45 89

 

 

PRIVATE PUNK goes Italy!

Rechtzeitig zum Sommerbeginn wird es südlich in der Himmelpfortgasse – diesmal präsentiert grubeck contemporary drei in Wien lebende italienische Künstler:innen: CRISTINA FIORENZA, MICHELA GHISETTI und ALDO GIANNOTTI. Miteinander befreundet, verbindet sie bei aller Ernsthaftigkeit ihrer unterschiedlichen, profunden künstlerischen Ansätze wohl auch die italienische Lebensfreude, – nach der wir uns hier so oft sehnen! Gerade diese Lebendigkeit, die sich in vielen ihrer Werke oft zugleich ironisch und hintergründig, aber auch an dem smarten Spiel mit Formen und Material zeigt, ist ein Merkmal, das die wunderbaren Arbeiten dieser drei Individualist:innen auszeichnet.

ALLORA: BENVENUTI TUTTI!

Als ausgebildete Architektin widmet sich die Künstlerin CRISTINA FIORENZA nun fast ausschließlich dem Thema Keramik. Es scheint für sie besonders lustvoll, Statik und Schwerkraft in ihren additiv gebildeten skulpturalen Werken spielerisch, manchmal fast ein wenig augenzwinkernd zu hinterfragen. Unverkennbare, organisch surreal wirkende körperhafte Gefäße oder auch reine

Skulpturen sind das Ergebnis dieser Prozesse. Das Material Keramik ist ihr schon lange vertraut, mit viel Forscherdrang und Feingefühl gelingt es ihr, seinen Besonderheiten intensiv auf die Spur zu kommen. Dabei arbeitet Christina Fiorenza frei und intuitiv, manchmal fließen Alltagsformen wie selbstverständlich ein, dann wieder scheinen Organisches und Abstraktes sich die Waage zu halten. Ganz genau weiß man das nie, weil es der Künstlerin auch nicht darum zu gehen scheint, erschafft

sie doch nie dagewesene Objekte mit ihren Händen, immer zugleich voll Respekt und mit unglaublich

zeitgenössischem Blick dieser alten Kulturtechnik gegenüber. Dabei bleibt manches benutzbar, anderes eben nicht.

Ähnlich experimentierfreudig widmet sie sich dem Thema Glasur, bzw. den Oberflächen ihrer Arbeiten, wo die Haut des Werkes auf die Umwelt trifft, es um Grenzen und Konturen geht. Hier

werden feinste Unterschiede auch radikal sicht- und spürbar, nicht nur in Form delikater haptischer und farblichen Variationen. Taktile Blasen und Kratzer zeugen hier von ästhetisch gewollten

Verletzungen, mehrere Emaille- und Glasurschichten, mehrere Brände unterstützen diese komplexen Verdichtungsprozesse. Einmal mehr verweist sie als Keramikkünstlerin des 21. Jahrhunderts auf das hohe konzeptionelle, mehr als nur funktionale Potenzial dieses traditionellen Mediums, entsprechend durchdacht und – spielerisch – provokant viele ihrer gleichermaßen sinnlich und intellektuell ansprechenden Arbeiten. Jede ein elegantes Einzelwerk für sich, wunderbar auch in ihrem

kontrastierenden Miteinander.

Cristina Fiorenza *1973 in Neapel, Italien. Architekturstudium an der Technischen Universität Berlin, Bauhaus-Universität in Weimar und in Neapel. Ab 2017 Keramik-Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien. STRABAG Art Award und Artist in Residence im Hospiz Kunstquartier in St. Christoph am Arlberg. Beiträge in wichtigen Publikationen wie mehrmals in STRABAG Kunstforum Katalogen, dem Katalog des Leopold Museums etc. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Mailand, Neapel, Salerno, Berlin, Barcelona, Lissabon, Wien, Bregenz, Innsbruck, Klagenfurt, Bratislava und New York. Cristina Fiorenza lebt und arbeitet in Wien.

Am 23.5. eröffnet eine große Museums-Keramikausstellung in Dt./ Stiftung Keramion, an der CF ebenfalls teilnimmt.

Facettenreich auch die Position MICHELA GHISETTIs: Ihre zugleich intuitive und ebenso konzeptuelle Herangehensweise fasziniert seit vielen Jahren – auch ihre Lust, ihr Mut, immer wieder ganz neue Themen, Medien sowie traditionelle Techniken für sich zu erobern, sind beeindruckend. In einem Katalog-Interview, das sie anlässlich ihrer großen Albertina-Ausstellung mit Alexandra Grubeck führte, tauchte der Begriff „multipolar“ auf, weil sie permanent Gegensätze auslotet, Archetypen und Zuschreibungen hinterfragt, sich dabei extrem frei, zugleich aber immer sehr stringent und bewusst zwischen ihren unterschiedlichen Werkgruppen bewegt (..) Immer wieder verblüffen dabei inhaltliche Rückbezüge, Zitate früherer Themenkreise. Stilistisch bleibt sie dabei trotz unerwarteter Brüche stets elegant und stellt gerade auf diese Weise ebenso subtil wie explizit Fragen nach gesellschaftlichen Zugehörigkeiten, vor allem weiblichen Rollen, tradierten und möglichen neuen Lesarten. Berühmt wurde Michela Ghisetti in Wien rasch: bereits kurz nach ihrem Studium bei Gunter Damisch beeindruckte sie mit akribisch angefertigten, gern riesig dimensionierten, immer mit unzähligen feinsten Strichen und Farbstiften gezeichneten, überaus naturalistischen Porträts. Diesen Fotorealismus hat sie schon lange bewusst hinter sich gelassen, umso spannender war es 2022 im Rahmen ihrer umfassenden Einzelausstellung in der Wiener Albertina Arbeiten dieser Zeit, mittlerweile großteils in Museen befindlich, erstmals im Dialog mit aktuellen – viele expressiv abstrakte, aber auch ganz neue, dreidimensionale Kreationen umfassende – Werkgruppen zu sehen. 

Neben neuen, riesigen abstrakten, farbenprächtige Papierarbeiten, sowie sehr pointierten und konzentrierte Collagen gab es beeindruckende, dreidimensionale Arbeiten in dieser umfassenden Einzelausstellung zu bewundern:  bodenfüllende Glasskulpturen, aber auch eine Armada aus skurril kraftvollen, humorvoll feministisch aufgeladenen Puppen. Aus dieser aktuellen Zeit zeigen wir nun neben ausgesuchten frühen Arbeiten hier vor allem Werke der sogenannten „Moanas“- Serie. Dicht und, unglaublich lebendig ermöglichen sie Einblicke in eine farbenreiche Unterwasserwelt, die ein Abtauchen in von unzähligen kleinsten Pünktchen und bunten Farbschlieren gebildete Landschaften anbietet, ein gedankliches Schweben, getragen von dem ganz großen Können, der Sicherheit in Farbe und Detail, das jedes Werk Michela Ghisettis auszeichnet.

Michela Ghisetti *1966 in Bergamo, Italien. Studium an der Kunsthochschule in Carrara sowie an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Prof. Gunter Damisch. Renommierte Anerkennungen wie STRABAG Art Award, Gewinnerin eines Kunst am Bau Wettbewerbs für Raiffeisen, Einzelausstellungen in Galerien und Museen, z. B. 2021 – 2022 Retrospektive ALBERTINA, Wien sowie in Berlin und Italien. Gruppenausstellungen in Salzburg, Wien, Gmunden, Steyr, Lech, Mailand, Hamburg. In nahezu allen wichtigen Kunstsammlungen wie z. B. der Grafikkollektion des Bundesministeriums, Sammlung der Stadt Wien, Albertina, Sammlung Angerlehner vertreten. Michela Ghisetti lebt und arbeitet in Wien

Auch ALDO GIANNOTTIs detailreiche Arbeiten sind sehr speziell: auf den ersten Blick oft karg und reduziert, beinhalten sie ein ganz eigenes, gedankliches Universum, gespeist von Alltag, Gesellschaft, Geschichte, Philosophie und Politik, ja der – oft miserablen und dann doch wieder – aus Selbsterhalt – um heitere Momente ringenden Conditio Humana ganz allgemein. Zeichnungen, Installationen und performative Arbeiten ergeben miteinander ein komplexes, mittlerweile international hoch geschätztes Gesamtwerk mit stark architektonischen Bezügen. Architektur versinnbildlicht dabei unter anderem Möglichkeiten, aber auch Unmöglichkeiten des sozialen Miteinanders, bietet Metaphern für Vereinzelungen in der Menge. Die meisten seiner Werkgruppen, vor allem seine beziehungsreichen zeichnerischen Arbeiten, stehen für sich, visualisieren unmittelbar Ideen, zeigen subtil Widersprüche, absurde Grenzen und eröffnen so oft auch – zumindest gedankliche- Auswege. Man sollte es allerdings nicht versäumen, auch seinen, meist in Zusammenarbeit mit anderen Künstler:innen stattfindenden Performances beizuwohnen. Der Künstler denkt partizipativ, umfassend – und lädt häufig BesucherInnen ein, sich auf unterschiedlichste Weise einzubringen.

Erfreulicherweise findet im Bank Austria Kunstforum parallel zu unserer Ausstellung unter dem Titel „House of Constructs“ vom 13. – 30.6. eine täglich wechselnde Präsentation unterschiedlichster künstlerischer Interventionen statt, die gemeinsam mit der Choreographin Karin Pauer und anderen Akteur:innen erarbeitet wurden – und werden. Neben inhaltlichen Synergien bietet sich nun eine perfekte Gelegenheit, sein Werk intensiv in Wien zu entdecken bzw. zu erleben in Form zahlreicher Live-Interaktionen, ergänzt von pointiert akribischen, thematisch oft verwandten Zeichnungen, – so auch in der Himmelpfortgasse! (27.6. – gemeinsamer Abend hier ab 21.00, davor im Museum)

Einmal mehr bildet Architektur dabei nicht nur einen formalen „Container bzw. ein Formenrepertoire“ für seine gezeichneten Gedanken, sondern wird hier auch tatsächlich dreidimensional als Teil dieser Performances erlebbar. Im Mittelpunkt stehen stets tiefgehende Untersuchungen gesellschaftlicher oder soziologischer Fragen, hier beispielsweise wird es um die Funktion von Ausstellungsräumen im zeitgenössischen Kunstbetrieb gehen, die als Räume für menschliche Interaktion und neue Formen der Gemeinschaft genutzt werden. Themen wie diese interessieren ihn aufgrund der vielschichtigen Notwendigkeiten und allgemeinen Bedeutungsebenen, aber auch aufgrund dessen, was sich dort (und an ähnlichen Orten) tatsächlich zwischenmenschlich „abspielt“. Auch davon erzählen seine feinen Zeichnungen, die man meist länger und nachdenklich betrachtet als zunächst angenommen.

Aldo Giannotti *1977 in Genua. Studium an der Kunsthochschule in Carrara, Wimbledon University of Arts in London und an der Akademie der Bildenden Künste in München. Wiederholte Zusammenarbeit mit Museen und anderen Institutionen wie Albertina, Lentos, Kunsthaus Graz, Kunstraum Niederösterreich, Künstlerhaus Dortmund, Museum der Moderne in Salzburg, Donaufestival in Krems, Museum of Contemporary Art in Zagreb. Auszeichnungen und Stipendien wie z. B. Pomilio Blumm Preis Mailand, Pollock-Grasner Foundation Grant 2020, Erster Preis des Österreichischen Grafikwettbewerbs der Kunsthalle Innsbruck, STRABAG-Anerkennungspreis. Ausstellungen in Wien, Linz, Berlin, Kopenhagen, München, Barcelona, Bologna, Triest, Athen, Amsterdam, Mailand, etc. Der Künstler lebt und arbeitet seit 2000 in Wien. 

text: (c) alexandra grubeck 04/24