PRIVATE PUNK III

Claudia Schumann I Fabian Seiz I Jakob Veigar Sigurðsson

7. März – 5. April

Öffnungszeiten Di – Sa 11 – 19 Uhr

Talk mit Kunsttheoretikerin Daniela Hölzl: 21. März, 18.30

 

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Alexandra Grubeck
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Hosted by
Andrea Müller
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In der 3. Ausgabe, in der jeweils drei außergewöhnliche künstlerische Positionen vereinenden Ausstellungsserie „Private Punk“, treffen diesmal ganz unterschiedliche Medien aufeinander:

Claudia Schumann ist bekannt für beeindruckende Fotoarbeiten in unterschiedlichsten, immer individuell ausgesuchten Formaten, die insgesamt weit mehr sind als reine Fotografien.

Überblendungen, Doppelbilder, aus mehreren, oft auch intimen Einzelaufnahmen bestehende Arbeiten verstören und betören zugleich. Die hier erstmals gezeigten Fusionen aus Landschaft und Architektur bilden hiervon keine Ausnahme – romantisch scheinen sie die Schönheit ursprünglicher Natur zu feiern, unerwartet, beinahe schroff tauchen dann konkrete, zugleich symbolhaft lesbare Details, die sich erst bei näherem Hinsehen als z.B bauliche Fragmente offenbaren.

Neben diesen sehr deutlichen Hinweisen entsteht hier immer auch ein geheimnisvolles „Mehr“, ein vielschichtiges Dahinter, Darunter und Daneben. Dieses Prinzip der nicht näher definierten Gleichzeitigkeit hat etwas zutiefst Malerisches, was den in Schwarz-Weiß gehaltenen Arbeiten noch zusätzliche Tiefe und Dichte verleiht.

Ihre atmosphärisch komplexen Narrationen zeugen zudem von ihrer permanenten Auseinandersetzung mit Sprache, vom Hinterfragen derselben auch im Bezug zur Kunst, vom Nachdenken über ihre Grenzen, Möglichkeiten. Höchst assoziativ scheinen Ihre Werke ebensolche Welten zu öffnen, laden zu von Erinnerungen und subjektiven Lesarten gespeisten Entdeckungsreisen ein, zu konkreten Ideen und Reminiszenzen, aber auch ins tiefe Unbewusste abzutauchen, – ohne dass dieses gleichzeitige Zusammenwirken bewußt wird. Atmosphäre, Phantasie und Realität, aber vor allem das Spiel mit bzw. zwischen Intimität, Distanz und Nähe sind immer wiederkehrende Konstanten ihrer vielschichtigen Werkserien, aus denen hier vor allem die in dieser Form noch nie gezeigte Naturschilderungen  zu sehen sind.

Ergänzend dazu einige ältere Arbeiten, wo es Aspekte ihres eigenen Körpers oder Antlitz sind, deren Nacktheit sie dem Betrachter ausschnitthaft anbietet, ebenso Fragen nach Schein und Wahrheit, nach Realität und Kontext – und ja, immer wieder Grenzen – aufwerfend, verdichtend.

Fabian Seiz könnte man im Vergleich fast einen Puristen nennen, zumindest was die Produkte seines vielseitigen kreativen Schaffens betrifft: denn auch er schöpft mit Freude aus einem extrem üppigen Fundus an Materialien und Ideen – bleibt dann jedoch präzise, sinnlich, bisweilen humorvoll verspielt, immer aber smart und punktgenau im Detail. Als Sammler, Materialfetischist mit Akribie und Perseveranz und einem sehr speziellen Blick für besondere Details – fügt er Unterschiedliches nicht nur zu formal neuen, sondern vor allem auch zu komplett unerwarteten, zweckentfremdeten oder gar zweckbefreiten Gestaltungen zusammen. Analogien und quergedachte Relationen eröffnen dabei ebenfalls ein weites Feld an Assoziationen, dem auch die hier ausgestellte Serie „Tags“ entspricht: aus der Streetart bekannte, inhaltlich aufgeladene schnelle, primär der Erkennbarkeit dienende Gesten übersetzt er in malerische Objekte, „gebaut“ aus Kunststofffurnier, verlangsamt, erstarrt. Aus lesbarer Schrift wird ein rein abstrakter Strich, eine Art minimale Typographie, angesiedelt zwischen Drei-und Zweidimensionalität. Dazu passend ebenso graphisch anmutende Collagen aus Seidenpapier, zarte, sensible Formationen farbintensiver Vierecke, deren langsames, partielles Verblassen bzw. Farbveränderungen – je nach Lichtsituation und Farbstärke – miteinkalkuliert, ja gewünscht sind. Gerade diese Form der prozesshaften Veränderung, die zugleich auf inhaltliche Mehrdimensionalität verweist, das Zulassen „äußerer“ Umstände, sowie das oftmalige Verwenden gefundener oder völlig zweckentfremdeter Objekte zeichnen Fabian Seiz´ manchmal durch seinen Forscherdrang fast alchimistisch-experimentell anmutendes Schaffen aus: dabei macht das Moment der Überraschung immer einen Teil dieser hochgradig durchdachten und mit viel künstlerischem Gefühl konzipierten Werke aus. Fast unnötig zu erwähnen, dass viele Arbeiten dabei auch genial mit Raum und Fläche spielen, ein erweiterter Skulpturenbegriff ebenso selbstverständlich einfließt wie Text, Fotografie und vieles mehr. Als begabter Querdenker nützt Fabian Seiz all dies pointiert und beschert uns so immer wieder unerwartete Blickwinkel, Entdeckungen und letztendlich auch ganz neue Erzählungen. 

Als Kontrast wirken die wild-üppigen Malereien des Isländers Jakob Veigar Sigurdsson formal zunächst beinahe klassisch, streckenweise extrem opulent und dynamisch, bieten sie dem Betrachter eine schier überwältigende Farben- und Formenpracht

Trotz dieser expressiven und beeindruckenden Dichte erzählen seine Bilder mit ganz besonderer Poesie deutlich von seiner Liebe zur Natur, offenbaren bei aller Wildheit und Dynamik unendlich viel Zartes, Schönes, Positives.  

Auch von (persönlichen) Wurzeln berichten sie, von einem Künstler, dem das Nebeneinander von ursprünglicher, ungezügelter Schönheit und Rauheit essentiell vertraut zu sein scheint. Als hätte er dies alles absorbiert, innerlich verdichtet – um daraus mindestens ebenso intensive – wenn nicht noch kompaktere – Bilderwelten zu schaffen. Vorrangig als Naturschilderungen erkennbar, scheint deren Ziel keine konkrete oder gar realistische Nacherzählung zu sein, sondern es werden vielmehr höchst atmosphärische, teils explosiv wirkende ausschnitthafte Momente gezeigt, bewegt, wirbelnd, expressiv. Auch malerisch entspricht sein Duktus – unterschiedlich dicke, bunte, kräftige, energisch ausgeführte Pinselstriche, sowohl gezielt als auch spontan, momentanen Emotionen und Assoziationen Raum lassend, konkretere Formen dabei wild umspielend bis auflösend. Diese Bilder könnten über weite Strecken bzw. zumindest zum Teil auch abstrakt gelesen werden, derart verwoben sind alle Elemente. Den Künstler scheint dies nicht zu kümmern, seine Malerei ist zu eigenständig, zu impulsiv, zu berauschend – um derartigen Überlegungen wichtigen Raum zu gewähren. Diesen nehmen ja bereits so viele Farben und Formen ein, oft mehrschichtig, übereinander, tatsächlich fast ineinander wachsend, – irgendwann als verdichtete Momentaufnahme finalisiert.

Auch ohne jemals in Island gewesen zu sein, meint man diese intensiven Stimmungen in all ihrer Fülle und Rauheit zu spüren. Die einzelnen Werke sind in sich recht unterschiedlich, der Künstler schöpft aus divergierenden Farbstimmungen, auch präsentieren sich manche deutlich zarter, spröder, beinhalten mehr zeichnerische Elemente, wirken fast unvollendet. Manche zeigen cartoonartige Figuren, wirken schnell, mit viel Kraft und Nachdruck gemalt, – kein Wunder, denn auch sie müssen sich seinem dichten Universum aus Pflanzengrün, Wasser und anderen Versatzstücken einordnen. Und dies rasch, denn dieser Künstler hat wenig Zeit, so viele Bilder scheinen nach oben, draußen – wie immer wir es nennen wollen- , zu drängen!

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Einmal mehr eröffnen all diese Werke Räume: Räume innerhalb ihrer selbst, faktisch und gedanklich, aber auch Räume in ihrem Miteinander, in ihrer nicht selbstverständlichen Bezugnahme aufeinander, die sich durch die hier präsentierte Auswahl ergibt. Starke Persönlichkeiten mit sehr eigenwilligen, partiell biografisch aufgeladenen Aussagen und Gedanken– ohne diese jemals zu explizit zu formulieren – zeigen sie sich allesamt als Forschende, zwischen Ideen und Welten wandernd, – mit viel Esprit und Mut zu subtiler Grenzüberschreitung und Kontaktaufnahme, aber auch zu sehr speziellen Äußerungen.

Alle drei sind dabei auf gewisse Weise auch ein wenig romantisch, nicht zuletzt in dem, wie individuell sie ihre Welt sehen, was sie absorbieren und wie sie damit ihre Werke teils persönlich gefärbt formulieren, denn: immer geht es dabei auch um Erinnerung, Vergangenheit, ein Bewusstwerden und ein nochmaliges Hinsehen.